Nachkriegsarchitektur in Nordrhein-Westfalen

 

Josef Albers Museum Bottrop

Text: Ulrich Steinsiepe
Fotografien: Christina May

Zur Geschichte des Museums

Die Stadt Bottrop verfügte über eine Sammlung eiszeitlicher Funde, sowie über eine kleine Schenkung von sechs Bildern und einigen Grafiken des Künstlers Josef Albers, die jedoch bis 1976 nicht dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten.

Josef Albers war ein 1888 in Bottrop geborener Maler, Kunsttheoretiker und Kunstpädagoge. Nach seinem Studium an der Königlichen Kunstschule in Berlin, der Kunstgewerbeschule in Essen, der Akademie der Bildenden Künste in Berlin und zwischen 1919-1920 bei Franz von Stuck an der Kunstakademie in München, schloss er sich dem Bauhaus in Weimar an, zu dessen stellvertretenden Direktor er 1930 wurde. Nach der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten floh Josef Albers zusammen mit seiner Frau Anni Albers in die USA. Er hatte einen Ruf an das renommierte Black Mountain College erhalten. Es folgten eine Reihe von Gastprofessuren und seine langjährige Arbeit an der Yale-Universität. 1953 wurde er als Gastdozent der Hochschule für Gestaltung in Ulm tätig.

Ursprüngliche Konzeption

Josef Albers fand im Deutschland der Nachkriegszeit langsam wieder in das kulturelle Gedächtnis der jungen Bundesrepublik und der Stadt Bottrop zurück. Um nun die dauerhafte Ausstellung seiner kleinen Schenkung zu ermöglichen, wurde der Entschluss gefasst, das bereits existierende, provinziell anmutende Heimatmuseum um einen großzügig gestalteten Neubau (Abb. 1) zu erweitern.

Der Architekt und damalige Baudirektionsleiter der Stadt Bottrop, Bernhard Küppers, sah einen Bau bestehend aus drei diagonal versetzt aneinandergereihten quadratischen Pavillons vor: Der erste Pavillon sollte die eiszeitliche Sammlung enthalten, während der dritte Pavillon zunächst überwiegend Räume für Wechselausstellungen bieten sollte. Hier war ursprünglich für die Werke des Künstlers Albers nur ein relativ kleiner Raum vorgesehen, heute befindet sich in ihm die Studiogalerie. Der zweite Pavillon war als zentrale Eingangshalle geplant, die in ihrer Funktion den neu erwachsenen Anforderungen an museale Räume genügen sollte. Neben den klassischen Funktionen eines Museums, nämlich "Forschen, Sammeln und Bewahren", kamen - unter dem neuen Verständnis eines Museums als Lern- und Erlebnisraum - Aufgaben wie das "Darstellen und Bilden" hinzu. Eine in den Boden des zweiten Pavillons abgesenkte Fläche zeugt von dieser Überlegung, den Eingangsbereich auch als Räumlichkeit für Seminare, Workshops oder Präsentationen nutzen zu können (Abb. 2).

Das aus der Jahrhundertwende stammende Gebäude des Heimatmuseum Bottrop wird mit dem neu entstandenen Museumskomplex durch einen Verbindungsgang verknüpft und ist somit als eigenständiger Bau erhalten geblieben (Abb. 3). Das Heimatmuseum begrenzt zur linken Seite hin den Vorplatz des Josef Albers Museums Quadrat, von dem aus der Besucher frontal auf die drei 1976 fertig gestellten Pavillons blickt, von denen der mittlere als Eingang dient. Zur rechten Seite hin geht der dritte Pavillon in die Landschaft des Bottroper Stadtparks über und eröffnet durch eine zweigeschossige Verglasung den Blick auf die Galerie der Moderne. Generell bietet die von Außen sowie Innen ersichtliche Glas- und Stahlgerüstkonstruktion eine hohe Lichtdurchlässigkeit des Gebäudes und ermöglicht von annähernd jeder Perspektive einen Einblick in das Innere des Museums sowie einen Ausblick in den umliegenden Park (Abb.4) . In seiner streng geometrischen Form erhält der Neubau seine Bedeutung aus dem Gegensatz zu der provinziellen Architektur des Heimatmuseums und den organischen Formen in der Natur.

Nach Betreten des Josef Albers Museum Quadrat ergibt sich für den Besucher augenblicklich ein umfassendes Bild über die Anordnung und Größe aller Räumlichkeiten, da die Sicht durch fehlende Träger und Wände im Innenraum nicht versperrt ist. Aufgrund der Offenheit aller Räumlichkeiten ist dem Besucher fast von jedem Standpunkt im Museum aus der Blick in andere Teile des Museums möglich. Die Hauptausstellungsräume liegen in allen Pavillons auf einer gemeinsamen Ebene und können daher leicht erfasst und wahrgenommen werden.

Die Räumlichkeiten sind durch ein elektrisches Schienensystem an der Decke und einstellbare Trennwände in ihrer Einteilung und Nutzung flexibel gestaltet. Durch verschiedene Raumhöhen, wie zum Beispiel in der Galerie der Moderne des dritten Pavillons oder einer Empore in der eiszeitlichen Sammlung im ersten Pavillon, sollen zudem Raumaktivitäten vermittelt werden.

Erweiterung um das Josef Albers Museum

Josef Albers verstirbt 1976 noch vor der offiziellen Eröffnung des Museums. Seine Witwe Anni Albers möchte daraufhin auch in Europa eine große dauerhaft präsentierte Sammlung seiner Werke errichten. Als Standorte werden Berlin, Münster und Bottrop diskutiert. Anni Albers plädiert für den Geburtsort ihres Ehemannes, da sie von dem unprovinziell gestalteten Museumsneubau - also dem ersten Bauabschnitt - derart angetan ist, dass sie beschließt, der Stadt Bottrop über 90 Originale zu überlassen. Noch im selben Monat werden ihr Pläne für den Bau des Josef Albers Museums vorgelegt und von ihr ohne Einwände akzeptiert. Von Mai 1981 bis Mai 1983 erfolgte schließlich die Realisierung. Es wurde sich dabei gegen die bloße Erweiterung des bestehenden Komplexes durch den Anschluss eines vierten Pavillons entschieden. Der gestiegenen Bedeutung der Sammlung Albers sollte architektonisch eine gewisse Eigenständigkeit zugeteilt werden. Das eigentliche Josef Albers Museum steht daher abgerückt von den älteren Pavillons, ist aber über eine fachwerkartige Brücke mit dem mittleren Pavillon des ersten Bauabschnitts verbunden (Abb. 5). Im Allgemeinen folgt das Josef Albers Museum der architektonischen Grammatik des älteren Neubaus, besticht aber mit einem durch eine großzügige Oberlichtkonstruktion erhellten Hauptraum im Kern des Gebäudes.

Zusammen bilden beide Bauabschnitte seit der Eröffnung 1983 das Josef Albers Museum Quadrat. Dem eigenen Selbstverständnis nach ergänzen sich die musealen Abschnitte gegenseitig und werden miteinander in Beziehung gesetzt (Abb. 6). So sind die Arbeiten Josef Albers nicht ausschließlich in dem zweiten Bauabschnitt zu finden, sondern ebenso als Teil von Wechselausstellungen im dritten Pavillon, im Rahmen der sogenannten Serie Albers im Kontext. Insgesamt standen 7,8 Millionen DM für den gesamten Museumskomplex zur Verfügung.

Daten

1. Bauabschnitt
Nutzfläche: 2670 Quadratmeter
Ausstellungsfläche: 1170 Quadratmeter
Kosten: 3,6 Millionen DM
Förderung durch das Land NRW: 37,5 Prozent
Förderung durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe: 14 Prozent
Baubeginn: Februar 1975
Fertigstellung: April 1976

2. Bauabschnitt
Nutzfläche: 1350 Quadratmeter
Wandlänge für Bilder: 200 Meter
Baukosten inkl. Neugestalteter Außenanlage: 4,3 Millionen DM
Förderung durch Land und Bund: 55 Prozent
Baubeginn: Mai 1981
Fertigstellung: Mai 1983
(Quelle: Schumacher, 1988)

 

Weiterführende Literatur

Michael Vignold: Das Josef-Albers-Museum in Bottrop. Ostfildern 1995.

Ulrich Schumacher (Hg.): Architektur, Kunst, Natur. Das Museum in Bottrop. Bottrop 1988.