Öffentliche Bauten im Ruhrgebiet nach 1945 /
Nachkriegsmoderne in Nordrhein-Westfalen -
Seminare am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum
Alexandra Klei
Auf den zweiten Blick nannten Sonja Hnilicia, Markus Jager und Wolfgang Sonne 2010 eine Ausstellung zur Architektur der Nachkriegszeit im Ruhrgebiet. Der Titel verweist auf die Abwehr, welche die Architektur nach 1945 bei den Betrachter/innen (vermeintlich) auslöst, und auf den Umstand, dass ihre Qualitäten sich häufig erst auf eben diesen zweiten Blick zu erschließen scheinen.
Diese Erkenntnis begleitete nicht nur die Entwicklung der Seminare Öffentliche Bauten im Ruhrgebiet nach 1945 (Sommersemester 2012), Nachkriegsmoderne in Nordrhein-Westfalen. Architektur und Stadtplanung zwischen 1945 und 1975 (Sommersemester 2013) und Brutalismus (Sommersemester 2016), sondern auch die Auseinandersetzung unter den Teilnehmer/innen. Die hier veröffentlichten Beiträge sind ein Ergebnis dieser Annäherung und des Versuchs, die vorgestellten Gebäude weniger in vorgefertigter Perspektive, als vielmehr in der Komplexität ihrer Geschichte, Idee, Konstruktion, Ästhetik, Materialität und Formsprache zu sehen. Ziel war es zudem, einen Überblick zu den Bauaufgaben in den Jahren zwischen 1945 und 1975 zu geben, dem Zeitraum, der gemeinhin als Nachkriegsmoderne bezeichnet wird. Die immer begrenzte Seminarzeit erforderte eine Auswahl der umfangreichen Bautätigkeit dieser Jahre, die natürlich in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges stand. Daher konzentrierten wir uns im ersten Seminar auf öffentliche Bauten - Theater- und Veranstaltungshäuser, Schulen, Museen, Verwaltungsbauten und religiöse Gebäude - und hierbei auf solche, die als exemplarisch und gleichzeitig als Versuch verstanden werden können, der jeweiligen Aufgabe mit neuen Ansätzen zu begegnen. Das zweite Seminar fügte dieser Auswahl weitere Beispiele hinzu und erweiterte gleichzeitig den Blickwinkel um Themen wie Stadt- und Verkehrsplanung und fotografische Vermittlung, den (Büro-) Hochhaus- und den Wohnungsbau. Insgesamt stellten wir fest, dass die Beschäftigung mit einem Gebäude eine Vielzahl von Aspekten umfassen kann: Denkmalpflege, Debatten zwischen den unterschiedlichen Protagonisten, organisches und serielles Bauen, Fassadengestaltung, den Bezug eines Gebäudes zum Ort, den Umgang mit Ruinen oder eine Bautätigkeit der Architekten in der Zeit des Nationalsozialismus. Das dritte Seminar widmete sich mit dem Brutalismus einer architekturhistorischen Strömung, die ab dem Ende der 1940er Jahre ausgehend von Großbritannien und dem Wirken des Team 10 für ein verändertes Verständnis im Umgang mit Material, Sichtbarkeit, Raum und Funktionalität sorgte.
Die Beschreibungen der hier vorgestellten Gebäude beruhen auf Literaturrecherchen, den Besichtigungen vor Ort sowie den Diskussionen unter den Seminarteilnehmer/innen. Auf dieser Grundlage wurden die Referate von den Student/innen in die vorliegenden Texte umgearbeitet und um die Fotografien ergänzt.